Rüdiger Hoffmann




  DER WOHNUNGSSUCHER

Ja hallo erstmal, mir geht's ziemlich prima, weil ich hab jetzt endlich ne
Wohnung gefunden. Ja gut, Wohnung ist jetzt vielleicht noch en bißchen über-
trieben. Ich meine, klar, am Anfang hatte ich natürlich auch ziemlich über-
triebene Vorstellung, aber davon muß man sich dann halt verabschieden.

Sicherlich, fließend Wasser wäre schon gewesen, oder ne Steckdose, aber ich
meine, muß ja nicht sein. Aber ich muß wirklich sagen, ich bin voll zufrieden.

Die erste Wohnung, für die ich mich beworben habe vor nem dreiviertel Jahr,
die war natürlich schon en bischen komfortabler: zwei Zimmer, Küche, Bad,
35 qm, Blick auf sone Verkehrsinsel, herrlich. Ich bin sogar in die engere Wahl
gekommen, also unter die letzten 80 Bewerber, aber irgendwie muß ich dann doch
wohl en ziemlich schlechten Eindruck auf die Vermieterin gemacht haben.

Ich meine, okay, mein Konfirmationsanzug saß vielleicht en bischen knapp und
mit den Pralinen, ich konnte ja nicht wissen, daß sie Diabetikerin ist. Naja,
und als ich dann alles auf eine Karte setzte und behauptete, ich hätte ein
Faible für ältere Damen, da sagte sie entrüstet, sie wäre erst 75 und ich
könne jetzt gehen. Naja, die Bedingung wären echt gut gewesen; nur 980 Mark
kalt, 5 Monatsmieten Kaution, 3 Monatsmieten Maklerprovision und einmal am
Tag mit Struppi Gassi gehen.

Über den nächsten Vermieter informierte ich mich natürlich schon ein bischen
besser. Sehr konservativer Typ, sehr sehr konservativer Typ. Ich hab mir dann
von nem Bekannten so Bundeswehrklamotten ausgeliehen, so Springerstiefel, den
Nacken ausrasiert und wollte jetzt bei ihm als Einzelkämpfer Eindruck schinden.
Pünktlich zum vereinbarten Vorstellungstermin hangelte ich mich also an der
Dachrinne entlang über den Fenstersims direkt in sein Wohnzimmer.

Leider hatte ich mich in der Hausnummer geirrt und als ich am nächsten Morgen
aus der U-Haft entlassen wurde, war die Wohnung bereits vergeben.

In dieser Weise setzte ich meine Wohnungssuche fort. Ich habe wirklich alles
probiert. Ich wollte die Mitarbeiterin vom Anzeigenteil bestechen, ich wollte
sie zum Essen einladen. Aber keine Chance. Sie war schon für Monate im voraus
ausgebucht.

Ja und jetzt hab ich halt diese ehemalige Speisekammer genommen, drei Quadrat-
meter für 150 Mark. Also pro Quadratmeter - dann allerdings inklusive Neben-
kosten. Obwohl also ne Heizung ist eh nicht drin und elektrisches Licht gibt's
auch nur indirekt. Nee ich hab da sone kleine Milchglasscheibe in der Tür,
und wenn in der Küche das Licht brennt, dann... jau.

Nee aber ansonsten muß ich sagen, bin ich voll zufrieden. Mit den Vermietern
verstehe ich mich auch gut. Ich darf ihre Toilette benutzen, einmal am Tag.
Dafür habe ich ihnen erlaubt, ihren Staubsauger bei mir zu deponieren und die
Skiausrüstung der sechsköpfigen Familie.

Aber ich meine, die Wohnung hat natürlich nicht nur Vorteile. En bischen blöd
ist halt, daß die Tür nur nach innen aufgeht und sich der Hund an das Zimmer
gewöhnt hatte. Aber ist en gepflegtes Tier, ich glaub sone dänische Dogge,
also da kann man durchaus mit leben.

Nee aber ansonsten muß ich wirklich sagen, bin ich voll zufrieden und ich
meine bei der allgemeinen Wohnungsnot wird ja auch immer wieder apelliert,
möglichen Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Deswegen habe ich mir jetzt
auch gedacht, eventuell auch noch nem anderen ne Chance zu geben und ihn bei
mir als Untermieter einziehen zu lassen. Muß ich mal sehen. Sollte man ja
eigentlich machen.

aus: Rüdiger Hoffmann - Ja hallo erstmal, KIWI 1995





  DER NEÜ FREUND

Mit dem neuen Freund von meiner Ex-Freundin verstehe ich mich prima, wir kommen
wunderbar klar. Nee, es ist en prima Typ, da kan man nichts sagen. Da gibts
nichts.

Gut er sieht nicht so wahnsinnig gut aus, aber dafür hat er halt andere
Qualitäten. Wie groß mag er sein? Er geht mir so bis zum Kinn. Ich meine,
okay, wenn man jetzt noch die Absätze abrechnet, ich glaube er trägt diese
italienischen Wunderschuhe, dann geht er mir halt noch bis zum Brustbein. Aber
ich meine, immerhin. Dafür geht er halt jetzt son bischen mehr in die Breite.
Also als muskulös würde ich ihn jetzt nicht beschreiben, eher so als
schwammig. Er ist also eher son schwammiger Typ, der neue Freund von meiner
Ex-Freundin.

Das ist auch so der erste Eindruck, den man von ihm bekommt, wenn man
überhaupt einen Eindruck von ihm bekommt. Nee, weil er ist eher son
unauffälliger Typ. Wenn da jetzt so zwanzig Leute über den Bürgersteig
gehen würden und er wäre jetzt dabei, dann würde ich ihn auf Anhieb nicht
erkennen. Obwohl ich ihn ja kenne. Naja, vielleicht am Gang. Er hat son
schleppenden Gang. Er schlurft son bischen. Oder vielleicht an der Stimme,
also wenn da jetzt einer dabei wäre, der also ne ziemlich monotone Stimme
hätte, wo man jetzt sagen würde, der Mann kann sich einfach nicht
artikulieren, wo man im Grunde kaum was verstehen würde, wenn er überhaupt
nen vollständigen Satz über die Lippen bringen würde. Also dann würde ich
mit achtzigprozentiger Sicherheit sagen: Das isser. Also das müßte er
zumindest sein.

aus: Rüdiger Hoffmann - Ja hallo erstmal, KIWI 1995






  DAS KARKENWASCHMITTEL

Ja ich habe mein Markenwaschmittel jetzt mal mit nem herkömmlichen Waschmittel
verglichen, und da muß ich sagen, daß selbst starke Fettflecken bei 40 Grad
mit meinem Markenwaschwittel rausgegangen sind, wohingegen das herkömmliche
Waschmittel da versagt hat.

Und da habe ich dieses herkömmliche Waschmittel einfach mal angesprochen, hab
gesagt, also hörmal du, du hast da bei 40 Grad ganz schöne Probleme gehabt.
Und da tat es mir dann auch irgendwie leid, da hab ich ihm dann noch mal ne
Chance gegeben und beim zweiten Waschgang sind die Flecken dann auch
rausgegangen. Da waren wir natürlich beide ganz schön froh. Das hat die
Stimmung dann auch ziemlich entspannt. Auch die nächsten Tage waren irgendwie
echt toll. Ich hab das Markenwaschmittel dann erstmal in den Keller gestellt,
ich hatte mich wirklich innerlich für dieses herkömmliche Waschmittel
entschieden, muß allerdings gestehen, daß ich nach einer Woche rückfällig
geworden bin. Ich habe das Markenwaschmittel dann doch wieder benutzt und muß
jetzt im nachhinein sagen, daß mir das Markenwaschmittel also doch besser
gefällt, weil es geht einfach schneller, man kann sich darauf verlassen und
der etwas höhere Preis ist für mich dadurch dann auch gerechtfertigt. Ich
kann also jetzt nur zu einem Markenwaschmittel raten, weil ich habe ja die
Erfahrung im persönlichen Bereich gemacht und es ist einfach in jeder
Beziehung besser als ein herkömmliches Waschmittel. So jetzt muß ich aber
los, weil ich habe nur zwei Stunden Ausgang, weil das ist also ne offene
Psychiatrie, wo ich untergebracht bin, und ich glaube, die mögen mich da alle
irgendwie ganz doll, ehe....

aus: Rüdiger Hoffmann - Ja hallo erstmal, KIWI 1995




  DER DREISSIGJÄHRIGE

Ja ein Bekannter von mir ist jetzt dreissig geworden. Ja man sagt immer
"trau keinem über dreissig", aber das ist wirklich völliger Unsinn.
Ich meine, gut, er ist vielleicht nicht mehr ganz so spontan wie früher,
aber ich glaube, das hängt auch einfach ein bischen mit diesem allgemeinen
Gelenkverschleiß zusammen, daß er da einfach nen bischen kürzer treten
muß, daß er sich da einfach öfter mal en bischen schonen muß.

Aber ansonsten sieht man ihm seine dreissig Jahre wirklich nicht an. Nee,
also wenn ichs jetzt nicht wüßte.

Gut, mit seinen Zähnen, da hat er schon ein bischen Probleme. Er kann so
harte Sachen, die kann er nicht beißen. Aber da kann man sich auch drauf
einstellen, wenn man ihn mal einlädt. Nudelgerichte gehen eigentlich immer,
das ist gar kein Problem für ihn, wenn se gut durchgekocht sind, also nicht
al dente, sondern richtig wie bei Muttern. Aber das kann man ja auch sagen
dann im Restaurant: Für ihn hier nicht al dente, sondern richtig durch.
Das ist doch gar kein Problem.

Zum Nachtisch nimmt er gerne ne Quarkspeise oder en Pudding. Nußpudding
nimmt er nicht so gerne. Nee, weil diese kleinen Nußstückchen, die schieben
sich schn mal gerne bei ihm unter die Brücke, weil das Zahnfleisch da sch ein
bischen zurückgegangen ist. Aber das gibts ja schon mal, das ist...

Nee, aber ansonsten ist das wirklich, meiner Meinung nach, ein reines
Vorurteil mit diesen Menschen ab dreissig.

Nö, wir nehmen ihn einmal die Woche mit, wenn wir abends durchs Kneipen-
viertel ziehen und ich muß sagen, die Leute verhalten sich an und für sich
wirklich gut, also ganz normal eigentlich, also zumindest unsere näheren
Bekannten.

Mit Alkohol muß man bei ihm ein bischen vorsichtig sein, das ist klar, den
baut er nicht so schnell ab, aber ansonsten, muß ich sagen, macht er mir
wirklich Mut, wenn ich daran denke, daß ich in der nächsten Woche selber
29 werde.

aus: Rüdiger Hoffmann - Ja hallo erstmal, KIWI 1995



  SIEZEN

Meine Freundin und ich, wir siezen uns jetzt wieder. Nicht daß wir irgendwie
Probleme hätten. Ich meine, wir sind jetzt auch schon seit acht Jahren
zusammen. Wir sind ein eingespieltes Team, mit ihren Eltern verstehe ich mich
auch gut, Helga und Franz, und finanziell kommen wir auch gut klar, aber wir
siezen uns einfach wieder.

Wir haben es vorher schon mal mit Namenstausch probiert. Sie hieß dann Rudi
und ich Moni. Weil sie heißt eigentlich Moni und ich Rudi. Das war auch schon
ganz gut mit dem Namenstausch, obwohl wir sind dann doch en bischen durchein-
ander gekommen mit der Zeit. Also vor allem mit der Post.

Naja und als sie dann nach zwei Wochen von dieser Reservistenübung zurück-
kam, haben wir es halt wieder rückgängig gemacht, auf ihren Wunsch. Ich
meine, ich konnts irgendwie verstehen, naja, und seitdem siezen wir uns halt.
Und das ist schon besser als Namenstausch, obwohl es ist immer noch en bischen
komisch, wenn man so sagt: Entschuldigung, können Sie mir das Wasser reichen.
Und sie nimmt das immer gleich so persönlich.

Wir gehen jetzt öfter mal en Eis essen oder ins Kino. Mit dem Körperlichen
da lassen wir uns noch ein bischen Zeit. Ich glaube, sie will mich zuerst
ihren Eltern vorstellen. Naja mal sehen, ihr Vater soll ja en ziemlich
sturer Knochen sein.

Aber ich denke mir, daß das schon was auf längere Zeit sein könnte, mit
Frau Schubert und mir. Ich hab jetzt sogar schon mal überlegt, ihr eventuell
einfach mal das DU anzubieten.

aus: Rüdiger Hoffmann - Ja hallo erstmal, KIWI 1995




  ULLA UND JOCHEN I

Ne bei der Ulla und dem Jochen da ist das ganz toll. Die sind immer am
schmusen, die beiden. Die streiten sich nie, und wenn, dann auch nur ganz
kurz. Die machen alles zusammen. Die trifft man nie alleine mal. Das ist ganz
was Tolles bei den beiden. Ne wirklich, das ist ganz toll bei der Ulla und m
Jochen. Und auch die Eltern verstehen sich prima. Die Väter gehen zusammen
angeln, und die Mütter tragen sogar dieselbe, sone Art Pudeldauerwelle, also
das ist ganz was Tolles bei den beiden.

Ne, aber ich hab auch zum Jochen gesagt, nech, ne Garantie, eh Jochen, die
gibt euch keiner.

Die strahlen immer so. Und wenn einer mal auf die Toilette geht in der Kneipe
und dann wiederkommt, dann strahlen die sich an, als wenn sie sich grade erst
kennengelernt hätten. Also es ist ganz was Tolles bei der Ulla und m Jochen.

Ich hab auch zum Jochen gesagt, genieß das noch mal, solange wie das noch so
ist, nech Jochen, man weiß nie, was einem noch so alles passiert im Leben...
nur daß man dann halt drauf vorbereitet ist.

Nee, aber die verstehen sich so gut, nech, die sind immer einer Meinung, und
wenn se mal ne andere Meinung haben, eh, dann haben se sie aber auch beide.
Nee, aber ich hab auch zum Jochen gesagt, nech so schön wie das jetzt ist,
aber so hart wird es auch sein, wenn es mal vorbei ist, nech Jochen, ihr seid
jetzt zwei Jahr zusammen, da bleiben euch, rein statistisch gesehen jetzt
noch genau sechs Wochen, aber ich meine, das muß nichts heißen - das kann
natürlich auch schneller gehen.

Sicherlich, die Ulla wird es leichter haben, da wieder Anschluß zu finden,
aber an deiner Stelle, Jochen, würde ich mich da ruhig schon mal umschauen.

Es ist eigentlich schade, daß das jetzt so auseinandergehen muß mit den
beiden. Naja, der Jochen muß da jetzt einfach durch, nech, und um die Ulla,
da werd ich mich halt kümmern.

aus: Rüdiger Hoffmann - Ja hallo erstmal, KIWI 1995





  UWE

Ich hab mich jetzt von meinem Kanarienvogel getrennt. Vom Uwe. Er lebt jetzt
wieder bei meinen Eltern. Es ging einfach nicht mehr. Wir haben uns einfach
nicht mehr verstanden.

Ich meine, okay, ich habe ihn den ganzen Tag alleine gelassen und er hat dann
halt abends immer seine schlechte Laune an mir ausgelassen. Aber ich meine,
ich konnt's einfach auf Dauer nicht mehr ertragen, diese Doppelbelastung.
Tagsüber den Streß im Beruf, naja und abends auch noch den Ärger mit Uwe.
Zum großen Knall ist es dann halt gekommen zwischen uns, als ich ihn en
Wochenende alleingelassen hab, ohne Futter.

Ich meine, okay, er sah en bischen geschwächt aus, und das Argument mit dem
Heilfasten war irgendwie auch nicht sooo gut, aber ich meine, daß er dann
irgendwie tagelang die beleidigte Leberwurst spielen muß? Weiß ich nicht.
Und da hab ich irgendwie auch gemerkt, dieser Vogel hatte im Grunde keinen
Humor. Im Grunde son richtiger Miesepeter. Ich hab ihn eigentlich nie lachen
sehen.

Und ich meine, en Kanarienvogel, der keinen Spaß versteht? Ich weiß nich.

aus: Rüdiger Hoffmann - Ja hallo erstmal, KIWI 1995





  MUTTIS GEBURTSTAG

Ja meine Mutter hatte in der letzten Woche mal wieder Geburtstag. Da hab ich
sie gefragt: Mutti, was wünscht du dir jetzt zum Geburtstag? Und da hat sie
gesagt: Rudi, ich möchte noch einmal mit dir einkaufen gehen, wie vor
zwanzig Jahren.

Nee aber ich muß sagen, an und für sich war es schön. Sicherlich, man ist
nicht immer einer Meinung, aber...

Ja wir haben dann erstmal ne Hose für mich gesucht. Ich hatte mich schon
seit längerem für diese 501 Jeans interessiert. Die gefiel ihr nicht so
gut. Sie hat sich dann für diese braune Tweedhose entschieden, die piekt
son bischen in den Kniekehlen, aber mit ner langen Unterhose ist das kein
Problem.

Ich hab sie dann gleich angelassen, auf ihren Wunsch, damit sie das passende
Oberhemd dazu aussuchen konnte. Ich hätte mir dann gern noch schnell die
neue CD von den Guns n'Roses gekauft, aber die kannte sie gar nicht.

Ich hatte dann eigentlich genug: Mutti, das reicht erst mal. Außerdem hatte
ich auch nicht mehr soviel Geld. Ich wollte mir dann noch eben diese Boxer-
shorts anschauen, aber da hatte Mutti schon den Sechser-Pack Baumwollslips
in der Hand. Drei für mich und drei für Papa. Junge, da wächst du noch
rein. Die Unterhosen hatte dann übrigens sie spendiert. Nachdem wir dann
noch diesen grünen Dufflecoat gekauft hatten, war sie ganz zufrieden mit
meinem Aussehen. Nur mit den Haaren da müßte man noch was machen.

Ja sie hat mir dann netterweise auch ihren Friseurtermin abgetreten, den sie
für den Nachmittag noch hatte. Nee und jetzt trage ich halt auch diese
Pudeldauerwelle, wie Mutter und ihre Freundinnen, aber ich meine, was macht
man nicht alles um seine Mutter eine kleine Freude zu machen.

aus: Rüdiger Hoffmann - Ja hallo erstmal, KIWI 1995





  DER HILFSBEREITE

Nee also bei mir ist das so, wenn da jemand irgendwie Hilfe braucht, dann ist
das für mich kein Thema. Nee das war bei mir schon immer so. Also nehmen
kann ich nicht so gut, aber geben immer. Nee das ist für mich gar kein Thema.

Nö, zum Beispiel neulich, der Jürgen, der brauchte 100 Mark. Ne da hab ich
gesagt: Gürgen, das iss für mich gar kein Thema, ne du brauchst 100 Mark,
ich hab se, hier sind se!

Er hat se dann gleich eingesteckt, nech, und ich glaube, das war ihm en
bischen unangenehm, vor seiner neuen Freundin, die sollte das wohl nicht
mitkriegen. Nee aber ich hab gleich gesagt, zu ihr, ne das braucht dem Gürgen
jetzt nicht peinlich sein, nech, daß er sich da jetzt 100 Mark leihen muß
von mir, das kann jedem mal passieren, daß er mal en finanziellen Engpaß hat.

Nech, das ist mir auch egal, wofür er das Geld jetzt letztendlich braucht,
nicht, ich geb ihm das Geld, und damit ist die Sache für mich gegessen. Nech,
ob er da sein Konto überzogen hat, oder ob ihr euch da jetzt nur en schönen
Abend machen wollt und er zufällig sein Geld vergessen hat, das ist mir egal,
das interessiert mich im Grunde gar nicht, das ist für mich gar kein Thema.
Ich sage: Gürgen, ich kann's dir aber auch kleiner geben, wenn du willst,
ich kann dir einen 50er, zwei 20er und einen 10er geben, du kannst aber auch
zwei 50er haben.

Seine Freundin ist dann schon mal vorgegangen, ich glaube, sie wollte noch
was besorgen. Und da meinte er dann: Weißte was, hier haste die 100 Mark,
ich brauch das Geld doch nicht so dringend.

Nee und da hab ich auch gemerkt, dem Gürgen, dem ging es eigentlich gar
nicht um das Geld, der suchte Zuspruch, der wollte sich einfach mal wieder
ein bischen unterhalten, der brauchte Ansprache. Ja und das verstehe ich unter
wahrer Hilfe: En offenes Ohr, jemand der einfach nur zuhören kann, ne das
iss für mich gar kein Thema.

aus: Rüdiger Hoffmann - Ja hallo erstmal, KIWI 1995





  ULLA UND JOCHEN II

Ja en Bekannter von mir ist zur Zeit inner Krise, der Jochen. Ja, weil die
Ulla, die hat jetzt endgültig Schluß gemacht mit ihm. Sie hatte sich ja
noch zwei Monate Bedenkzeit erbeten, wo er sich gar nicht melden durfte, hat
sich dann aber doch letztendlich klipp und klar gegen ihn entschieden.

Ja ich hab auch zu ihm gesagt, es ist besser so Jochen, ihr wart doch schon
immer en ungleiches Paar, die Ulla und du. Die Ulla, sone Rassefrau und
dazu du, Jochen.

Ja ich hab auch zu ihm gesagt, daß sich die Ulla da in mich verliebt hat, ja
da kann ich auch nichts dafür. Jochen, wir haben es dir zuliebe immerhin
en ganzes Jahr lang verheimlicht. Und das war auch nicht immer leicht. Wenn
wir grad so schön in Stimmung waren, dann mußtest du anrufen von deinem
Wochenendseminar. Oder deine gleitenden Arbeitszeiten, darauf konnte man sich
ja nie einstellen. Aber Jochen, egal wie du dich verhalten hast, Schwamm
drüber.

Aber die Ulla sagt auch, Jochen du bist en ganz lieber Kerl. Du wirst
vermutlich immer en guter Bekannter bleiben. Und darauf kommts doch letzt-
endlich an. Und weil wir beide dich so mögen, Jochen, die Ulla und ich, da
spendieren wir dir jetzt en Urlaub in Südfrankreich. Dann kommste mal auf
andere Gedanken. Du bringst den Caravan runter und wir kommen mit dem Flieger
nach. Dann pflanzt du dich mit deinem Ein-Mann-Zelt daneben, dann haste en
schönen Urlaub. Will er aber nicht. Ist uns auch recht. Wir haben's ihm
angeboten und mehr kann er von uns wirklich nicht verlangen, der Jochen.

aus: Rüdiger Hoffmann - Ja hallo erstmal, KIWI 1995






  DER TOASTER

Ich weiß gar nicht ob Sie's wußten, aber ich toaste nicht mehr. Nö, ich
hab's jahrelang gemacht, fast täglich, aber ich mach's einfach nicht mehr.
Ich hab's völlig drangegeben. Von heute auf morgen. Auch nicht mal noch son
bißchen, sondern gar nicht mehr.

Und das war natürlich nicht leicht, das kann man sich vorstellen. Am Anfang
ist es schon ne Umstellung, das Toastbrot so ungetoastet mit der harten Butter
zu beschmieren, aber mit der Zeit kriegt man auch das in den Griff.

Gut, man muß dann halt en halbes Stündchen früher aufstehen, die Butter
aus dem Kühlschrank nehmen, damit sie um halb sieben dann streichfähig ist.
Oder en hartes Brötchen am Wochenende, das hat man früher einfach an-
gefeuchtet und mit dem Toaster noch mal aufgebacken. Da muß man dann halt
für sich selbst entscheiden, wie haltbar schätze ich meinen Zahnersatz da
jetzt ein. Aber ich meine, das gehört einfach dazu, wenn man ernsthaft auf-
hören will zu toasten. Es gibt ja viele, die wollen gar nicht ernsthaft auf-
hören zu toasten, aber von solchen Leuten sollte man sich nichts einreden
lassen, die stecken meist selber voller Probleme, die wollen einen nur ver-
wirren. Aber nicht mit mir.

Nächste Woche höre ich sogar auf, mir die Haare zu waschen.

aus: Rüdiger Hoffmann - Ja hallo erstmal, KIWI 1995





  DIE FERNBEDIENUNG

Ja ich hab mir jetzt mal ne Fernbedienung geschnitzt. Da hab ich einfach son
Stück Holz genommen, son rechteckiges Stück da rausgesägt und dann halt
bunt lackiert.

Sind also alle Programme mit drauf, also von eins bis zehn und wenn man also
Kabel hat, da hab ich dann noch sone Zusatztaste mit draufgemalt, wo man dann
also bis zu 99 Programme anwählen kann.

Im oberen Teil hab ich dann noch ne Fernbedienung für den Videorecorder mit
eingezeichnet, also je nachdem, ob man halt einen hat, dann kann man die eben
mitbenutzen und wenn nicht, dann eben nicht, das steht jedem frei.

Ich will das jetzt auch nur nebenbei machen, also ich will mich damit jetzt
nicht unbedingt selbständig machen.

Ich habs halt en paar Bekannten von mir angeboten, ihnen auch eine zu
schnitzen, weil viele ältere Fernseher ja auch noch gar keine Fernbedienung
haben, und da ist es natürlich dann ganz praktisch, wenn man die halt so
nachrüsten kann.

Sieht also wirklich klasse aus. Ich finde sogar besser, als viele im
Geschäft, also von der Optik her.

Nur mit der Funktion, da haperts noch son bischen, aber ich denke, das kriege
ich auch noch in den Griff. Das Problem muß irgendwie im Feinbereich liegen.
Da wollt ich mich jetzt mal mit nem Bekannten von mir kurzschliessen, nee,
weil der arbeitet also viel mit Laubsäge.

aus: Rüdiger Hoffmann - Ja hallo erstmal, KIWI 1995





  DER BASTLER

Ja ich hab mir jetzt en Lampenschirm gebastelt. Hab einfach so Hobelspäne
genommen und so aneinandergeklebt. Das gibt son angenehmes Licht. En bischen
gedämpft. Ist sehr schön geworden.

Und da hab ich mir jetzt mal sone Brillengarage geflochten, die kennen Sie vielleicht, die hängt man so an die Wand. Da kann man die Brillen so seitlich einschieben. Nee ist auch sehr schön geworden.

Und dann hab ich mir jetzt mal son Schnitzset gekauft. Hab ich mir einfach mal so Eierbecher geschnitzt. Sechs Stück, und dann in allen Regenbogenfarben lackiert. Ist auch sehr schön geworden.

Und dann hab ich mir jetzt mal en Wandbehang bemalt. Als Motiv das Paderborner Drei-Hasen-Fenster. Das kennen se ja bestimmt. Da sind drei Hasen drauf und nur drei Ohren, aber jeder Hase hat zwei. Also Ohren.

Nee ist auch sehr schön geworden.

Und dann hab ich mir jetzt mal sone Pinnwand gebastelt. Hab ich einfach so alte Korken in Scheiben geschnitten und dann auf sone alte Pappe geklebt.

Ist auch sehr schön geworden.

Und dann hab ich mir mal son Zigeunerteppich geflochten. Einfach so mit alten Wollresten so zusammenge...

Nee ist auch sehr schön geworden.

Und dann wollt ich mir jetzt mal son Mobil‚ basteln, wollte ich einfach so alte Nußschale nehmen. Aber da werd ich wohl in der nächsten Zeit gar nicht mehr zu kommen. Nee weil meine Freundin und ich, wir haben letzte Woche en Kind bekommen.

Nee aber ist auch sehr schön geworden.

aus: Rüdiger Hoffmann - Ja hallo erstmal, KIWI 1995




DIE SALZGEBÄCKPALETTE

Ja ich hab uns hier heute einfach mal ene Salzgebäckpalette aufbereitet.
Und da hab ich gearbeitet jetzt mit dem Cashew-Kern, mit der gewöhnlichen
Erdnuß und mit'm Pizzakäsekräcker. Ich hab den Käsekräcker jetzt hier
einfach mal ganz außen angelegt, habe dann enen Kreis von Erdnüssen nach
innen nachgezogen, ja und in die Mitte hab ich dann einfach en paar Cashew-
Kerne gestreut.

Wem sone runde Salzgebäckpalette jetzt, sagen wir mal, noch en bischen zu
gewagt ist, der kann auch erstmal mit dem Salzgebäckquadrat anfangen, wo
er die ein oder andere Salzstange da auch gern zu Rate ziehen kann.

Ich denke, es sind einfach diese kleinen Unterschiede, wenn man sich mit
dem Salzgebäck da en bischen Mühe gibt, die einen gelungenen Fernsehabend
dann letztendlich ausmachen.

Zum Abschluß habe ich da noch das Salzgebäckdreieck für Sie im Angebot,
wo ähnlich verfahren wird, wie beim Salzgebäckquadrat, nur halt mit einer
Ecke weniger.

Im Außenbezirk des Salzgebäckdreiecks dürfen Sie dann ruhig wieder einmal
mit der Salzstange arbeiten, tun Sie mir bitte nur den Gefallen, es bei
fortgeschrittener Übung auch einmal ohne zu versuchen.

Sie werden sehen, schon nach einer relativ kurzen Übungsperiode läßt sich
eine ganz passable Linie von Erdnüssen nachlegen, die vielleicht hier und
da noch eine kleine Unebenheit aufkommen läßt, im großen und ganzen
jedoch schon ohne die Salzstange existieren kann, solange, ja solange bis
Sie sich an dieser autarken Erdnußlinie schadlos halten.

aus: Rüdiger Hoffmann - Ja hallo erstmal, KIWI 1995





  DER KÜNSTLER

Ja ich hab jetzt am Wochenende enen richtigen Künstler kennengelernt, also
en Maler, und da hat er mir auch gleich gesagt, es könnte jetzt durchaus
sein, daß er vielleicht en bischen verrückt wirken würde, also son
flippigen Eindruck vermitteln würde, aber das wäre nun mal so bei
Künstlern, da könnte man eben nichts dran ändern.

Da hab ich gesagt, also er würde jetzt nicht direkt en verrückten Eindruck
auf mich machen, eigentlich eher en ganz normalen. Da hat er gefragt, ja also
auch nicht son bißchen? Da hab ich gesagt, nee eigentlich gar nicht! Da sagt
er, das könnte jetzt aber auch an seiner Frisur liegen. Diese Geheimrats-
ecken, die er sich normalerweise schneiden lassen würde, die wären ja auch
schon wieder zugewachsen. Da hab ich gesagt, also selbst mit Vollglatze
könnte ich mir das bei ihm nicht so richtig vorstellen, was er da jetzt
meinen würde. Da hat er gesagt, ja halt verrückt, ausgeflippt, unberechen-
bar. Da hab ich gesagt, er würde auf mich da jetzt eigentlich eher einen sehr
netten, einen sehr zuverlässigen Eindruck machen. Da hat er gesagt, nett und
zuverlässig, das wäre ja lächerlich, er könnte von einer Sekunde auf die
andere völlig ausflippen. Er könnte jetzt zum Beispiel diese rote Farbtube
nehmen und se hier mitten im Raum auspressen. Da hab ich gesagt, also das
würde ich mir aber auch noch zutrauen. Da ist er fuchsteufelswild geworden,
da hat er geschrien, ich wäre ja en Banause, ich würde ja überhaupt nichts
von Kunst verstehen, ne, da hatte sich mittlerweile auch schon ne
Menschentraube um uns versammelt auf dieser Ausstellung, da hab ich gesagt,
also ich wüßte gar nicht was er meint, die Bilder, die würden mir doch
gefallen. Da hat er gesagt, also mit den Bildern hätte das gar nichts zu tun
und für solche Leute wie mich würd er die schon gar nicht malen. Da hab ich
gesagt, bitte schön, ich wollte se mir ja auch nur mal angucken, die wären
mir eh zu teuer. Da hat er die rote Farbetube genommen und se sich in die
Nase und in die Ohren gedrückt.

Ne viertel Stunde später kam dann der Krankenwagen und als er dann mit
verdrehten Augen so auf der Bahre rausgetragen wurde, da hatte ich son
bißchen das Gefühl, jetzt endlich auch verstanden zu haben, was er mit
verrückt gemeint hat.

aus: Rüdiger Hoffmann - Ja hallo erstmal, KIWI 1995



  DAS BILD

Ja ich hab jetzt mal ne Aufnahmeprüfung gemacht an ner Kunstschule und da
war ich also schon son bischen aufgeregt, ne, und da sollte ich dann son
Bild mal beschreiben. Ja da hab ich dann gesagt, ja das ist ja en ganz
tolles Bild, was Sie sich hier ausgesucht haben, also ganz klasse. Also so
ein tolles Bild, das hab ich ja noch nie gesehen.

Da haben se gefragt, wie ich das denn jetzt beschreiben würde. Da hab ich
gesagt, also ganz toll. Also so ein tolles Bild, da fehlen mir die Worte.

Da haben se gefragt, was denn auf dem Bild zu sehen wäre. Da hab ich gesagt,
ja da sitzt halt einer. Aber wie der da sitzt, also sowas von toll.

Da haben se nach der Epoche gefragt. Da hab ich gesagt, also ne ganz tolle
Epoche muß das aber gewesen sein. Also sone Epoche, die hätte es aber so
nicht noch mal gegeben. Da können se aber einen drauf lassen.

Da haben se gefragt, ja und jetzt von den Farben her, ne, da hab ich gesagt,
ja also schön bunt, ne, ist alles drin, was man braucht, also gelb, grün,
rot, also alles was das Herz begehrt. Na gut, das Gesicht ist vielleicht en
bischen blaß, aber da könnte man ja vielleicht noch mal en bischen mit
braun drübermalen, ne, daß er da en bischen Farbe kriegt, aber ansonsten
ganz toll.

Naja und heute habe ich die Ablehnung gekriegt. Da stand also:

Sehr geehrter Herr Hoffmann,
Ihre Bildbeschreibung hat uns an und für sich ganz toll gefallen, also so
eine tolle Bildbeschreibung, also Sie haben das schon ganz richtig erfaßt,
daß das ein ganz tolles Bild war, was wir da ausgesucht haben, also so ein
richtig schönes Bild, auch von den Farben her alles drin, aber leider wegen
der Vielzahl der Bewerber etc pp.

Aber ist nicht so schlimm, weil ich hab mir überlegt, für mich ist
eigentlich Musik viel besser. Also Musike. Nee, weiß ich auch nicht. Das
ist immer so schön beschwingend. Also sowas von beschwingend. Ganz toll.

aus: Rüdiger Hoffmann - Ja hallo erstmal, KIWI 1995






DAS FERIENHAUS

Ja ich hab mir jetzt en Ferienhaus gekauft, bin ich ganz günstig dran-
gekommen, in der ehemaligen Sowjetunion, das hat nur 20 Mark gekostet. Ist
en Riesengrundstück mit dabei. Ansonsten die Gegend, menschenleer. Mein
nächster Nachbar, der Herr Jasow, der wohnt fünf Kilometer weiter. Und
das ist en ganz ulkiger Kerl, der hat einen Riesenkopf, sowas hab ich noch
nie gesehen, und kein einziges Haar dran, aber steht ihm gut. Seine beiden
Söhne, da ist der eine vier Jahre alt, der andere fünf Jahre alt, da hat
der eine nur ein Bein, dafür hat der andere drei.

Die müßten se mal beim Fußballspielen sehen, also das ist ein Bild...
Aber ich sage mir, das sind die Russen, andere Länder, andere Sitten. Hab
ich en kleinen Teich mit dabei bei meinem Grundstück, ich angel ja so
gerne, und die Fische da, also da gibt es ne Vielfalt, keiner sieht so aus
wie der andere. Der eine hat hier ne Beule, der andere hat da ne
Auswölbung. Also fürs Auge herrlich, vom Geschmack her, gut, en bißchen
eigen, aber man gewöhnt sich dran. Nächste Woche fahr ich wieder runter,
dann muß ich Herrn Jasow aber mal fragen, wo er seine Hüte kauft, weil
meine, die sind mir alle zu klein geworden.

aus: Rüdiger Hoffmann - Ja hallo erstmal, KIWI 1995




  DIE IDEE

Meine Damen und Herren, ich habe alles verloren. Meine Frau und meine Kinder
haben mich verlassen, mein Chef hat mir soeben fristlos gekündigt und mein
Haus sowie mein Auto sind bereits im Besitz meiner Bank. Meine Freunde haben
sich abgewendet und meine Eltern kennen mich nicht mehr. In meiner Stamm-
Kneipe bekomme ich noch nicht einmal mehr ein Mineralwasser und selbst mein
Hund Bobby versteckt sein Chappy vor mir.

Aber meine Damen und Herren, bedauern Sie mich nicht, denn meine Frau und
meine Kinder werden schon bald zu mir zurückkehren, mein Haus und ein
größeres Auto werden wieder mir gehören und meine Bank wird den Kredit-
rahmen großzügig erweitern. Mein Chef wird mich reuevoll zum Zweigstellen-
leiter machen, meine Eltern zum Alleinerben und im Kreise meiner Freunde und
Bekannten werde ich begeistert gefeiert. In meiner Stammkneipe werde ich zum
Ehrengast auf Lebenszeit und selbst mein Hund Bobby wird sein Chappy wieder
großzügig mit mir teilen.

Denn, meine Damen und Herren, ich habe eine Idee. Eine Idee, die mich aus
meiner mißlichen Lage befreien wird und durch die ich zu einem der
beliebtesten und wohlhabendsten Männer dieses Landes werde. Selbstver-
ständlich möchten Sie nun wissen, um welche Idee es sich hierbei handelt.
Sie wären gerne selbst einmal im Besitz dieser Idee.

Nun, meine Damen und Herren, ich wäre schön blöd, wenn ich Ihnen diese
Idee jetzt verraten würde. Ich bin jedoch bereit, Sie Ihnen unter gewissen
Umständen zugänglich zu machen. Schicken Sie mir dazu bitte einen
frankierten Rückumschlag zu sowie eine geringe Schutzgebühr von D-Mark
150,-, damit auch Sie innerhalb kürzester Zeit zu einer der beliebtesten
und wohlhabendsten Persönlichkeiten dieses Landes werden.

aus: Rüdiger Hoffmann - Ja hallo erstmal, KIWI 1995





  DER DIAVORTRAG

Wir waren gestern abend mal zu nem Diavortrag eingeladen, bei dem Herrn
Möller. Und ich muß sagen, es war also sehr... interessant. Also wirklich,
es war en... ganz... eh... toller Abend.

Der Herr Möller hatte en Diavortrag zusammengestellt über das Wendland und
seine Rundlingsdörfer. Das ist zur Zeit sein Spezialgebiet. Also es war
wirklich höchst... eh... interessant. Es ist natürlich klar, daß man so
ein umfassendes Thema nur anreißen kann, in dreieinhalb Stunden. Das hat er
uns auch gleich zu Anfang erklärt, der Herr Möller, daß er uns da wirklich
nur einen ganz kleinen Einblick geben könnte in dieses Themengebiet der
Rundlingsdörfer im Wendland. Aber es war wirklich höchst... interessant.
Seine Frau hatte passend zum Vortrag ne Gerstenbowle angesetzt. Das ist eine
Spezialität dieser Region. Nee schmeckte auch sehr... interessant.

Also insgesamt muß ich sagen, war das Ganze wirklich sehr gut vorbereitet
vom Herrn Möller, 800 Dias und keins war unscharf. Gut eins hat mal gehakt,
aber das hatte er nach zwanzig Minuten auch wieder im Griff. Und er hat
abschließend auch noch mal betont, daß man natürlich in der Kürze der Zeit
kein wirklich umfassendes Bild zeichnen könnte und daß es seine Hoffnung
wäre, den ein oder anderen vielleicht ein wenig auf den Geschmack gebracht
zu haben, sich die Sache an einem verlängerten Wochenende mal persönlich
vor Ort umzuschauen, das Wendland und seine Rundlingsdörfer. Muß ich mal
sehen. Das wäre bestimmt... eh... sehr... interessant.

Nächste Woche ist en bißchen blöd, da gibt es zwei Vorträge gleichzeitig.
Meine Frau geht dann wohl zu Herrn Hartmann. Der spricht über die Adlerwarte
in Berlebeck. Und ich wollte zu Herrn Schlüter. Der zeigt Dias vom Frei-
lichtmuseum in Detmold. Das wird sicher beides auch... eh... ganz toll.

aus: Rüdiger Hoffmann - Ja hallo erstmal, KIWI 1995





  ANDREAS

Ja wir haben jetzt einen Untermieter bei uns einziehen lassen, den Andreas.
Ne wir haben uns gedacht, es gibt so viele Studenten, die ne Bude suchen, wo
se sich auch mal en bißchen ausleben können, wo se auch ruhig mal en
bißchen lauter sein können, nö, und da haben wir uns fürn Andreas
entschieden.

Ja aber ich muß ganz ehrlich sagen, wir sind en bißchen enttäuscht von
ihm. Nee, ich hab gesagt, eh, zu ihm, Andreas, eh, ich hab dir das Zimmer
jetzt schön weiß gestrichen, hier haste en paar Sprühdosen, ne, da machste
dir jetzt mal en schönes Graffiti an die Wand, kannst ruhig auch en
bißchen an die Decke sprühen, da sagt er, von den Dämpfen, da würde ihm
schlecht. Da mußte ichs selber machen. Da hab ich ihm son schwarzen Toten-
kopf übers Brett gesprüht, ne, die Augen so Leuchtfarbe, so grün, ne, da
hat er ne Statistiktabelle drübergehängt. Ne, ich sag so zu ihm, ne,
Andreas wenn du mal leere Flaschen hast, oder alte Zeitungen, die kannste
auch ruhig mal hier im Flur stehenlassen, auch ruhig mal en paar Wochen, oder
wenn du mal ne Kommilitonin mit nach Hause bringst, die kannste ja auch ruhig
mal hier übernachten lassen, da frühstückt ihr morgens mal schön im Bett,
laßt ihr mal ne Vorlesung sausen, aber nichts, ab halb elf, da ist der im
Bett, da ist es mucksmäuschenstill bei ihm.

Neulich, da sage ich zu meiner Frau, ne, da war er nicht da, da sage ich,
eh, guck mal hier, der Andreas, der baut sich Haschpflanzen an in seinem
Zimmer. Der will heimlich haschen. Da sagt meine Frau, das sind keine Hasch-
pflanzen, das ist ne ganz gewöhnliche Dattelpalme. Ich meine, ich konnts
nicht wissen, ich meine, es ist nicht meine Generation, ich hab noch nie
sone Haschpflanze gesehen. Und da hab ich ihn mal angesprochen, da hab ich
gesagt, Andreas, eh, hörmal hier, es gibt tausend andere, die wären scharf
auf sone Bude, ne, wo se sich mal en bißchen ausleben können. Das war ihm
richtig peinlich, da ist er richtig rot geworden, war er richtig schüchtern.
Na ja und ich muß sagen, seitdem gibt er sich schon en bißchen mehr Mühe.
Gut, er läßt schon mal en bißchen Wasser daneben laufen beim Duschen oder
die Zahnpastatube, die läßt er auch schon mal offen liegen, ne, aber ich
glaube, viel mehr ist auch in Zukunft vom Andreas nicht zu erwarten.

aus: Rüdiger Hoffmann - Ja hallo erstmal, KIWI 1995





  DER OSTDEUTSCHE

Ja ich hab en Bekannten, der ist aus dem Osten, ne, aus Ostdeutschland und
bei ihm muß man sagen, er hat es wirklich geschafft hier im Westen. Er hat
es wirklich zu was gebracht. Er hat nen tollen Job, ne super Wohnung. Er hat
seine Träume wirklich wahrgemacht.

Gut er wohnt zur Zeit noch bei nem Bekannten in som alten Wohnmobil, das
heißt, es ist nicht direkt en Wohnmobil, es ist eher das Gehause von nem
Wohnmobil und wo normalerweise das Dach ist, da hat er sone bunte Plane
drübergespannt. Hat er einfach so zwei Duschvorhänge zusammengetackert,
mit so frechen Garfieldsprüchen drauf und hat die obendrübergespannt. Im
Sommer braucht er die nicht, da könnte man's dann sogar als Cabriolet
bezeichnen.

Mit der neuen Wohnung ist das also so gut wie klar, da muß er halt noch en
bißchen Geduld haben, aber es ist also so gut wie sicher.

Bei seinem Job da sieht es schon en bißchen besser aus, da hat er gleich den
Volltreffer gelandet. Da kann er jetzt direkt in seinem erlernten Beruf
arbeiten. Er war ja in der ehemaligen DDR zuständig für die Einladungen zu
diesen Kombinatsfeiern, die da einmal im Jahr stattfanden. Also der Text der
wurde dann von vier Philologen erarbeitet, die sich wöchentlich getroffen
haben, und er war dann letztendlich für die Vervielfältigung des fertigen
Produkts zuständig. Er hat also die Kopiermaschine überwacht. Und dieses
Wissen kommt ihm natürlich auch in seinem jetzigen Beruf zugute, er ist ja
im weitesten Sinne jetzt auch im Druckgewerbe tätig. In dem Supermarkt, wo
er arbeitet, da ist er für die Verteilung des buntbedruckten Werbefalt-
blattes voll verantwortlich, einmal die Woche.

Also er kann rundum glücklich sein. Und um sein Glück halt auch länger-
fristig noch zu sichern, hab ich zusammen mit meinem Bekannten, bei dem er
zur Zeit noch günstig wohnt, en Versicherungspaket für ihn erarbeitet, wo
wir ihm bei der Finanzierung mit nem kostengünstigen Kredit unter die Arme
greifen. Gut man könnte jetzt natürlich sagen, das ist nur ein kleines
Beispiel von Anteilnahme, von Hilfsbereitschaft, aber ich denke, es sind
einfach diese kleinen Schritte, so von Mensch zu Mensch, die die Wieder-
vereinigung zu dem werden lassen, was se ist.

aus: Rüdiger Hoffmann - Ja hallo erstmal, KIWI 1995





  DAS BUCH

Ja ich hab mir jetzt en Buch gekauft, ne, und das hat mir sehr gut gefallen.
Da sind also 180 Seiten, eh, drin und die sind alle numeriert, also von der
Reihenfolge her. Am Anfang haben se ne Seite freigelassen, ne, da hab ich
gleich meinen Namen eingetragen, hab ich einfach ne Unterschrift von mir
reingesetzt. Und es ist von den Buchstaben her ist es gut zu erkennen,
schön groß, man kann auch ohne Lesebrille gut lesen. Aber am allerbesten
hat mir der Umschlag gefallen, das paßt also ganz hervorragend zu unserem
Sofa. Es ist farblich, iss es wirklich ne Pracht. Das haben also auch schon
Bekannte gesagt, ne, die jetzt zu Besuch waren, denen ist das gleich
aufgefallen, die haben das gleich bestaunt. Und es ist wirklich ne
Bereicherung, das hätte ich nie für möglich gehalten, daß einem Bücher
soviel bringen können. Die haben dann natürlich gefragt, ob sie es sich
mal ausleihen können, aber da hab ich gleich gesagt, nee das ist sone
Bereicherung, das kann ich leider nicht verleihen. Es gibt ja auch noch
andere Bücher zu kaufen, da könnt ihr euch ja auch en anderes aussuchen.

Ich hatte für dieses extra en Regal gebaut, das hängt jetzt direkt überm
Sofa. Hatte ich schon son bischen dunklere Eiche genommen, die Ecken son
bischen abgerundet und es ist sehr schön geworden. Das Buch steht jetzt
genau in der Mitte und wird also von beiden Seiten jetzt jeweils mit einer
Buchstütze abgestützt. Also es ist direkt der Blickfang, wenn man ins
Wohnzimmer kommt. Auch die Gespräche gehen meistens darum, ne: Das ist also
dein Buch, das du dir da jetzt gekauft hast, da interessierst du dich jetzt
also für Bücher, das wußte ich ja noch gar nicht, da bist du jetzt also
richtig belesen, das ist ja en Dingen und so weiter. Da gibt es also ne
Menge Gesprächsstoff. Und ich hätte es wirklich nie für möglich gehalten,
wenn ichs jetzt nicht selbst erfahren hätte, daß einem Bücher soviel
bringen können.

aus: Rüdiger Hoffmann - Ja hallo erstmal, KIWI 1995






  DER TRAMPER

Ja ich hab letzte Woche mal en Tramper mitgenommen, nech, son jungen Typen
mit nem Rucksack auf, und ich muß sagen, es war wirklich ne angenehme Fahrt.
Nö, ich hab ihm gleich zu Anfang gesagt, wir müssen uns jetzt nicht
unterhalten, nur weil ich dich mitgenommen habe, da brauchen wir jetzt kein
Gespräch zu führen. Es könnte allerdings auch ganz interessant werden,
wenn es nicht gezwungen wäre, das Gespräch. Also ich hab gesagt, wenn er
jetzt freiwillig Lust hätte, was zu erzählen, dann wäre ich durchaus
bereit, da mit einzusteigen, wenn nicht, dann eben nicht. Nee, weil ich
nehme ja Tramper jetzt nicht in erster Linie mit, weil ich mich irgendwie
unterhalten muß, ich kann das auch durchaus verstehen, wenn man darauf
überhaupt keine Lust hat. Ich bin ja selber auch kein großer Small-Talk-
Freund. Ich sage immer, wenn man nichts zu sagen hat, dann sollte man auch
nichts sagen. Ich kann ja zum Beispiel auch stundenlang nichts sagen, nee
wenn ich nichts zu sagen hab, dann sag ich auch nichts. Das hab ich ihm dann
auch gesagt, es könnte also auch durchaus sein, daß ich ich vielleicht
jetzt während der Fahr gar nichts sagen würde, nur daß er das dann halt
wüßte, das hätte jetzt nichts mit ihm zu tun. Das könnte bei mir durchaus
schon mal vorkommen. Weil ich meine, ich bin ja früher auch viel getrampt,
ich kenn das ja, ne, ich hab auch zu ihm gesagt: Hörma du, daß du da jetzt
mit deinem Rucksack hier so kreuz und quer durch die Gegend trampst, das
kann ich durchaus nachvollziehen, als ich in deinem Alter war, da war ich
genauso wie du. Da sind wir drauflosgetrampt was das Zeug hielt. Einfach so,
ohne Ziel... Da sagt er, apropos Ziel, könnten sie mich bitte an der
nächsten Raststätte rauslassen. Da hab ich gesagt, also das finde ich jetzt
klasse, diese Spontaneität, genau wie wir früher. War nur en bischen
schade, weil ich war grade so schön in Fahrt. Ich wollte ihm eigentlich
noch von meiner urigen Studienzeit in Heidelberg erzählen. Naja, mal gucken,
vielleicht steht ja an der nächsten Raststätte auch noch en anderer.

aus: Rüdiger Hoffmann - Ja hallo erstmal, KIWI 1995




  MONSIEUR LECROIX

Ja ich weiß gar nicht ob Sies wußten, aber ich war jetzt mal wieder im
süddeutschen Raum unterwegs, im Saarbrücker Raum, da bin ich mit nem
Bekannten über die Grenze gefahren nach Frankreich, weil er hat da im
Grenzgebiet en Bekannten wohnen, den Herrn Lekreuks.

Und da hab ich gleich gemerkt, wie stolz der war, daß er da mal zwei
Deutsche zu Besuch hatte. Da hat er uns auch gleich seinen Garten gezeigt,
und ich muß sagen, für en französischen Garten war das wirklich nicht
schlecht. Ich meine, gut, die Hecke hätten se bei uns vielleicht noch en
bischen gestutzt, das hab ich ihm dann mal als Tip gegeben, so hinter vor-
gehaltener Hand, aber ansonsten muß ich wirklich sagen, geben se sich
wirklich alle Mühe, die Franzosen.

Mit den Milchhörnchen haben se noch en bischen Probleme, die zerbröckeln
einem immer gleich in der Hand. Ich hab auch zu dem Bäcker gesagt, ich
sage, für en Milchhörnchen da dürfen se auch keinen Blätterteig
benutzen, ist doch klar, daß das gleich auseinanderfällt. Da müssen se
richtig mit Milch arbeiten. Da sagt er was von Croissant, da sage ich, bei
uns in Deutschland heißen die Dinger Milchhörnchen und fallen nicht aus-
einander. Ich glaube, da war er mir richtig dankbar für den Hinweis, hat
er mir auch gleich die Tür aufgehalten und noch irgendwas auf französisch
hinterhergerufen. Ich habs aber nicht mehr verstanden.

Abends beim Abendessen hab ich Frau Lekreuks dann mal gezeigt, wie man das
Gemüse, die Kartoffeln und das Fleisch auf einem einzigen Teller unter-
bringen kann, anstatt das immer so zerstückelt nacheinander zu servieren.
Is doch auch viel ökonomischer. Sie hat dann sogar noch versucht, den
Nachtisch auch noch mit draufzubekommen, dieses Mousse au chocolat, und da
muß ich auch sagen, also für en Schokoladenpudding war mir das viel zu
fest, also von der Konsistenz her. Ich hab dann en Auge zugedrückt, habs
trotzdem gegessen, hab ihr allerdings versprochen, ihr das Originalrezept
umgehend zukommen zu lassen.

Nee aber ansonsten muß ich wirklich sagen, geben se sich alle Mühe, die
Franzosen, und vielleicht haben wir mit unserem Besuch ja auch ein bischen
dazu beigetragen, daß ihnen die Integration in Europa in Zukunft en
bischen leichter fällt.

aus: Rüdiger Hoffmann - Ja hallo erstmal, KIWI 1995




  IM WALD

Ja ich war jetzt mal im Wald gewesen, also vor Ort. Weil man hört ja jetzt
immer soviel von Natur und Umwelt und so. Aber ich muß ehrlich sagen, also
stinklangweilig. Da ist ja nix los. Überall Bäume, alles grün und dann
also dieses ständige Vogelgezwitscher, das ging mir also dermaßen aufn
Sack.

Dann hatte ich Durst, aber da gibt's ja nix. Keinen Kiosk, keinen Automaten,
noch nicht mal ne Tankstelle. Also ehrlich, ich meine außer halt das
Übliche: Blätter, Äste, Laub, Schnecken, Pilze und halt eben die ganzen
Bäume.

Und dann also diese ständige frische Luft da, also da ist mir richtig
schwindelig geworden.

Ja gut, da ist dann mal son Eichhörnchen da hergelaufen, das war irgendwie
schon ganz putzig, aber so putzig nun auch wieder nicht.

Von daher Wald, weiß ich nicht. Mein Auto fährt auch ohne Wald. Und
Geschwindigkeitsbegrenzung bringt es auch nicht. Das sieht man doch am
Holländer, der hat seit Jahren Geschwindigkeitsbegrenzung, aber trotzdem
keinen Wald.

aus: Rüdiger Hoffmann - Ja hallo erstmal, KIWI 1995





  DER TÄNZER

Ich hab son kleines Problem - chen. Ich kann nicht länger wie eine Minute
stillestehn. Ich muß dann einfach tanzen. Ich hab da jetzt auch schon son
bischen Probleme damit im Beruf und im privaten Bereiche.

Früher konnte ich immer schon ne Stunde, jetzt eine Minute, höchstens.

Ich merks auch schon.

Tut mir leid.

Ich kann nichts dafür.


aus: Rüdiger Hoffmann - Ja hallo erstmal, KIWI 1995





  JAHRESZEITEN

Ich habs mir überlegt, also das mit den Jahreszeiten mach ich nicht mehr
mit. Nee, keine Lust mehr. Das ist doch immer dasselbe. Ne zum Beispiel
Sommer, da hat man sich grade drangewöhnt, schön warm und so, hat sich
vielleicht noch ein paar Klamotten im Sommerschlußverkauf gekauft, ja und
dann isser auch schon wieder vorbei. Nee, und jedes Jahr dasselbe, ich
meine, das muß doch nicht sein. Ich meine, ich hab ja nichts gegen
Abwechslung. Im Gegenteil. Aber ich meine, wenns nun mal nur diese vier
Jahreszeiten gibt, okay, aber dann kann man sich doch wenigstens mal auf
ne andere Reihenfolge einigen.

Was weiß ich, zum Beispiel irgendwie Sommer, dann erstmal Frühling und
dann vielleicht mal vierzehn Tage Winter, ruhig richtig kalt, mit Schnee
und Eis, warum nicht, den Herbst könnte man dann ja erstmal ausfallen
lassen, den kann man später von mir aus noch mal dazwischenschieben, wenns
sein muß, ja und dann hätten wir auch schon wieder Sommer. Wär doch
herrlich oder nicht?

Naja, aber realistisch betrachtet wird sich da wohl so schnell nichts dran
ändern. Ich meine sicherlich, das Ozonloch, klar, aber ob das was bringt?

aus: Rüdiger Hoffmann - Ja hallo erstmal, KIWI 1995





  DER UMWELTSCHUTZTAG

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Umweltfreundinnen und Freunde.
Lassen Sie mich zum Abschluß unseres ersten regionalen Umweltvolksfestes
einmal ein kleines Resümee ziehen.

Als wir vor einigen Monaten mit der Planung dieses Projektes begannen,
wußte noch niemand von uns, wie ein solcher Tag verlaufen würde. Es war
für uns alle eine große Herausforderung. Ich denke, es ist nicht vermessen
zu behaupten, daß es uns gelungen ist, unseren Mitbürgern die doch recht
trockene und vielen unzugängliche Umweltproblematik durch die Verbindung
mit einem heiteren Volksfest nahezubringen.

Ich danke der Stadt und vor allem unserem Stadtdirektor Herrn Dr. Kiebich
für die Erlaubnis, unsere Festzelte direkt vor Ort installieren zu dürfen,
inmitten unseres herrlichen Naturschutzgebietes am Eschersweiher. Ich möchte
mich an dieser Stelle auch schon einmal für die großzügige Unterstützung
bedanken, ohne die ein solches Umweltvolksfest in diesem gigantischen Ausmaß
gar nicht möglich gewesen wäre. Ich danke vor allem der Daimler Benz AG
für die Bereitstellung von 50 Großraumbussen, übrigens serienmäßig
ausgestattet mit ABS, Klimaanlage, höhenverstellbaren Kopfstützen und
chemischer Toilette, die dazu beigetragen haben, die riesigen Menschenmassen
zu unserem Festgelände zu befördern. Außerdem danke ich der Tiefbaufirma
Anton Kiebich für den unermüdlichen Einsatz bei der Schaffung von 2000
zusätzlichen Parkmöglichkeiten direkt vor Ort des Geschehens.

So war es allen Umweltfreunden und -freundinnen möglich, bequem an den
zahlreichen Aktivitäten teilzunehmen. Für jede Altersgruppe wurde da
etwas geboten. Für die älteren Semester organisierte der Heimatverein eine
Massenwanderung mit anschließendem Picknick im Grünen. Die Firma McDonald's
stellte hierzu übrigens die gesamte Verpflegung kostenlos zur Verfügung.
Für unsere Jugend wurde ein Moto-Cross-Rennen veranstaltet, für das die
Firma Yamaha die Motorräder bereitstellte. Außerdem bot die Firma Mistral
einen Einführungskurs für alle Interessierten im Surfen an. Hierbei konnten
übrigens auch die neusten Modelle getestet werden. Für unsere Kleinen
hatte die Bundeswehr einen ausrangierten Kampfpanzer aus dem Zweiten Welt-
krieg aufgemöbelt, der zu spannenden Geländefahrten einlud.

Die interessierten Besucher konnten sich aber auch an den zahlreichen
Ständen unserer lieben, lieben Sponsoren über die vielen leistungsstarken
und umweltschonenden Produkte informieren.

Ein Vertreter der Firma Henkel schoß hierbei vielleicht ein wenig über das
Ziel hinaus, als er, um einige überkritische Jugendliche von der Umwelt-
verträglichkeit seines neuen phosphatfreien Persils zu überzeugen, den
Inhalt mehrerer Packungen in den Weiher gab.

Unser Stadtdirektor Herr Dr. Kiebich rettete die Situation jedoch, indem er
den umkippenden Teich spontan zum Wettfischen freigab.

Alles in allem ein gelungener Tag, der uns der Natur sicherlich mal wieder
ein Stückchen näher gebracht haben wird. Vielen Dank.

aus: Rüdiger Hoffmann - Ja hallo erstmal, KIWI 1995





  DER VEGETARIER

In der Kantine. Ein Mann setzt sich zu einem anderen an den Tisch.

Mann  I: Mahlzeit.
Mann II: Mahlzeit.
Mann  I: Und wie schmeckts?
Mann II: Och danke, ja, ich muß erstmal, ich bin ja grade erst.
Mann  I: Iss klar. Ja da wünsche ich Ihnen einen guten Appetit.
Mann II: Danke.
Mann  I: Bitte. - Und?
Mann II: Och danke, ja, schmeckt sehr gut.
Mann  I: Ist das Essen 2, das Sie da genommen haben?
Mann II: Ja.
Mann  I: Da heben Sie heute einfach mal das vegetarische Gericht genommen.
Mann II: Nee, das nehm ich immer.
Mann  I: Wie?
Mann II: Naja, ich bin Vegetarier.
Mann  I: Aha. - Wie, da essen Se gar kein Fleisch?
Mann II: Nein.
Mann  I: Aha. - Wie, überhaupt gar nicht?
Mann II: Nie.
Mann  I: Aha. Auch nicht mal so zu Weihnachten oder zu Ostern?
Mann II: Nein!
Mann  I: Aha. Und was sagt Ihre Mutter dazu?
Mann II: Also hören Se mal.
Mann  I: Hat Ihnen der Arzt verordent.
Mann II: Nein, freiwillig.
Mann  I: So, da essen Sie also gar kein Fleisch. Mmh. Wie, auch keine
         Würstchen?
Mann II: Nein!
Mann  I: Oder mal son Scheibchen Aufschnitt?
Mann II: Nein!!
Mann  I: Aha. Aber Gemüse essen Se.
Mann II: Ja das ist ja klar, da ist ja auch kein Fleisch drin.
Mann  I: Aha. Aber Schinken mögen Se nicht.
Mann II: Keinen Schinken.
Mann  I: Sagen Se mal, hätten Se nicht manchmal Lust auf son schönes
         abgehangenes Steak, Sie?
Mann II: Nein!!!
Mann  I: Oder wenigstens mal ne Kohlroulade. Als Kompromiß?
Mann II: Keine Roulade.
Mann  I: Aber Geflügel essen Se?
Mann II: Kein Fleisch, kein Fisch, kein Geflügel!
Mann  I: Also nur Wild.
Mann II: Also hören Sie mal, ich würde jetzt gerne mal in Ruhe hier mein
         Gemüsegratin essen!
Mann  I: Ja essen Se, essen Se, sonst fallen Se mir ja noch vom Fleisch,
         hätte ich jetzt beinahe gesagt. Wenn ich noch mal ganz kurz darf.
         Aber Eier hab ich da jetzt bei Ihnen gesehen.
Mann II: Ja, Käse und Eier esse ich. Ich meine, dafür wird ja auch kein
         Tier geschlachtet.
Mann  I: Ja meinen Sie, son Huhn quält sich nicht, wenn es son Ei raus-
         pressen muß?
Mann II: Ja, das kann schon sein. Mir ist nämlich der Appetit vergangen.
         Wiedersehen. (steht auf und geht)
         Oder vielleicht lieber nicht...
Mann  I: (probiert das Essen von Mann II; spricht zu sich)
         Ich weiß gar nicht was der hat. Das kann man doch essen.

aus: Rüdiger Hoffmann - Ja hallo erstmal, KIWI 1995




  DER DAZUFLEETZER

Ja ich war jetzt mal wieder bei meiner alten Penne, wo ich vor 15 Jahren Abi
gemacht hab, ne, und da saßen da so junge Leute da auf den Treppenstufen,
wo wir früher auch immer gesessen haben und da hab ich mir gedacht, jetzt
fleetzte dich einfach mal dazu, ne, da hab ich mich dann einfach mal dazu-
gefleetzt und hab gesagt, ja hallo erstmal, ich hoffe es stört jetzt keinen,
wenn ich mich hier einfach mal dazufleetze. Da hat dann keiner was gesagt,
ne, Totenstille, das hab ich dann als Ja interpretiert. Da haben wir dann
also sone Zeit da gesessen, da hab ich dann zu dem Kollegen neben mir gesagt,
ja kann ich mir mal eine drehen von deinem Tabak, da hat er mir dann seinen
Tabak rübergeschoben, wortlos, da hab ich mir dann eine gedreht. Da hab ich
gesagt, ja guck mal, also das ist ja en ganz schöner Lungentorpedo geworden,
hier, was? Also ne dicke Zigarette. Da hat er also son Nicken angedeutet, da
hab ich gleich seine Hand genommen, se geschüttelt und gesagt, ich heiße
Rudi und wie heißt du? Da hat er dann also son Laut abgesondert, also ohne
die Lippen zu öffnen, das hörte sich so an wie Bill. Da hab ich gesagt,
also hör mal Bill, das finde ich ja klasse, daß wir hier so zusammenhocken
vor unsere alten Penne. Du mußt nämlich wissen, ich hab hier auch en paar
Jährchen die Schulbank gedrückt. Der Bill war inzwischen aufgestanden, aber
es hatte sich gleich en anderer neben mich gesetzt, der also so ähnlich
aussah wie der Bill, auch sone Baseballkappe falschrum aufgesetzt, nur daß
er halt noch son Baseballschläger in der Hand hatte. Da hab ich dann gesagt,
aha, da spielst du also auch Baseball, ihr scheint ja hier ne ganze Baseball-
mannschaft zu sein, nicht, wir haben früher immer Völkerball gespielt, aber
das kannte er anscheinend nicht. Naja ist ja auch egal. Der nächste, der
seinen Platz dann eingenommen hatte, der hatte die Kappe dann richtigrum auf,
ne, und da hab ich ihm auch gleich drauf angesprochen, ne, ich sage, so da
hast du also deine Kappe als einziger richtigrum auf und da hat er se dann
auch umgedreht und hatte se dann auch falschrum auf. Das fand ich dann
ziemlich komisch, da hab ich gesagt,  da hast du deine Kappe jetzt auch
falschrum auf, da frag ich mich natürlich nur, warum se diese Kappe nicht
gleich mit dem Schirm nach hinten dran herstellen, nicht, dann braucht man se
ja nicht mehr umzudrehen, ne, haham da hab ich en dann so mit dem Ellenbogen
in die Seite gestoßen und ihn aufgemuntert, mal mitzulachen. Wollte er aber
nicht. Ne und da muß ich sagen, sind wirklich prima diese jungen Leute, ne,
aber mit dem Humor da müssense noch en bischen was dazulernen.

aus: Rüdiger Hoffmann - Ja hallo erstmal, KIWI 1995




  NUTELLA

Ja ich weiß gar nicht, ob Sies wußten, aber ich esse morgens aufm Brötchen
am liebsten Nutella. Nee, weiß ich auch nicht, das schmeckt mir einfach am
besten, morgens aufm Brötchen, Nutella.

Ich meine, klar, nicht, es gibt andere Nussnougatcremes, also von Zentis gibt
es glaube ich noch dieses Nusspli, Pit gibts auch noch und von Kaba auch noch
eins. Captain Nuß, nee das gibts schon gar nicht mehr, Samba ausm Bioladen,
aber ich muß ganz ehrlich sagen, das ist für mich persönlich wirklich kein
Vergleich also jetzt zu Nutella.

Jetzt halt auch nicht nur wegen Aufbaustoffen halt und lebenswichtigen
Spurenelementen. Neeich weiß auch nicht. Das schmeckt mir einfach unheimlich
prima morgens aufem Brötchen, Nutella.

Ich wollts nur mal gesagt haben. Ganz unverbindlich.

aus: Rüdiger Hoffmann - Ja hallo erstmal, KIWI 1995





MEIN MITBEWOHNER

Ja ich weiß gar nicht ob Sies wußten, aber mit meinem Mitbewohner verstehe
ich mich prima, ich meine, gut, er ist jetzt nicht direkt aus Paderborn, das
ist eher sone andere Gegend, wo er wegkommt, aber ich muß sagen, wir kommen
wunderbar klar, das ist überhaupt kein Problem bei uns.

Ich habe ihm das auch schon mal gezeigt, daß man das Spülbecken auch nach
dem Spülen ruhig mit dam Rauschwamm nochmal durchwischen kann.

Nee er hat das auch gleich eingesehen, das ist überhaupt kein Problem bei
uns. Das ist dasselbe wie mit den Gläsern, wenn man die eben nicht direkt
abtrocknet nach dem Spülen, dann gibts halt Ränder und Flecken, ich meine,
ich bin da eigentlich auch nicht so, aber es ist einfach schöner, angenehmer,
wenn man mal Gäste hat.

Nee er hat das auch gleich eingesehen, das ist überhaupt kein Problem bei
uns. Das ist im Grunde dasselbe wie mit dem Bad. Ich meine so ein Dusch-
vorhang, der kann verschimmeln, muß er natürlich nicht, wenn man den
halt nach jedem Duschen wieder ordentlich ausbreitet auf der Duschvorhang-
stange, dann ist das überhaupt kein Problem.

Nee er hat das auch gleich eingesehen, das ist überhaupt kein Problem bei
uns. Das ist im Grunde dasselbe wie mit der Telefonschnur. Sowas kann man
vernudeln lassen oder man hängt se halt nach jedem Gespräch wieder
ordentlich aufgerollt über den Haken. Das ist ne Sache vielleicht von 30,
also maximal 45 Sekunden. Ich habs mal gestoppt. Ich meine, für mich
muß so ne Schnur jetzt nicht irgendwie länger halten, das ist vielleicht
so ne prinzipielle Sache bei mir.

Nee er hat das auch gleich eingesehen, das ist gar kein Problem bei uns.
Das ist dasselbe wie mit den Pflanzen in seinem Zimmer, die können ver-
trocknen, das sind seine Pflanzen, das sind ja nicht meine, ich mein ja auch
nur so. Man macht sich halt so seine Gedanken.

Ja er schläft morgens gerne etwas länger, der feine Herr, meistens so bis
zwei Uhr mittags, ich frag mich da halt nur, wie er das mit seinem Studium
macht, ich meine, es geht mich ja im Grunde nichts an. Ich hab da jetzt mal
mit seinen Eltern darüber gesprochen, die hat es sehr interessiert, weil die
ihn ja auch finanziell unterstützen. Noe wir ham dann mit ihm gesprochen,
und er muß halt jetzt neben dem Studium noch en bißchen jobben, er macht
jetzt Frühschicht bei Westfleisch von vier bis zehn, den Job hab ich ihm
übrigens vermittelt.

Nee er hat das auch gleich eingesehen, das ist gar kein Problem bei uns.

Das ist dasselbe wie mit seinen beiden Freundinnen, ich meine, er konnte
sich da nicht entscheiden, da hab ich mit beiden gesprochen. Jetzt ist er
halt wieder solo. Okay, er war ein bißchen sauer auf mich, aber wir haben
dann darüber gesprochen. Nee er hat das auch gleich eingesehen, das ist
gar kein Problem bei uns.

Naja und heute morgen ist es dann halt passiert, da ist es zum großen Knall
gekommen zwischen uns, ich meine, es hat sich ja  schon irgendwie angedeutet
in der letzten Zeit, da hat er zum wiederholten Male mein Nutella mitbenutzt.
Und jetzt reichts. Jetzt fliegt er raus. Aber achtkantig. Ich meine, ich hab
mir wirklich Mühe mit ihm gegeben, aber was zu weit geht, geht zu weit.
Nee er hat das auch gleich eingesehen, das ist gar kein Problem bei uns...